Nachlese Beetgestaltung

Die Gestaltung der bauerngarten-Beete verfolgt verschiedene Ziele. Zum einen wollen wir gesunde Pflanzen und einen hohen Ertrag, zum anderen eine gute Übersicht und glückliche Bauerngärtner*innen. In der Workshop-Zusammenfassung suchen wir zunächst Antworten auf die Frage, warum die Beete im bauerngarten so aufgebaut sind, wie du sie gerade vorfindest. Im zweiten Teil versuchen wir die Pflanzenfamilien, die bei der Beetgestaltung eine große Rolle spielen, besser kennen zu lernen.

Fruchtolge

Unter Fruchtfolge versteht man die zeitlich sinnvolle Aufeinanderfolge verschiedener Kulturen kombiniert mit einem sinnvollen räumlichen Nebeneinander. In der Fruchtfolgeplanung sortiert man die Kulturen, die angebaut werden sollen, in sogenannte Fruchtfolgeglieder. Bei einer viergliedrigen Fruchtfolge teilt der Bauer seine Flächen so auf, dass innerhalb von vier Jahren die Ackerkulturen so auf seinen Flächen rotieren, dass jedes Fruchtfolgeglied nur einmal alle vier Jahre auf derselben Fläche steht.

Im ökologischen Gemüsebau spielt die Pflanzengesundheit eine besonders große Rolle bei der Fruchtfolgeplanung. Sie ist eine zentrale Stellschraube um Pflanzenkrankheiten vorzubeugen. Die Planung der Fruchtfolge im bauerngarten folgt dabei dem Gedanken, dass nah verwandte Pflanzen in der Regel von den gleichen Schaderregern befallen werden. Normalerweise kommen Schaderreger oder Parasiten in der freien Natur in geringer Anzahl vor. Erst wenn sie besonders gute Bedingungen für die Vermehrung haben, nehmen Sie überhand und die Krankheit „bricht“ aus. In der Fruchtfolge versuchen wir, den Schaderregern das Futter zu entziehen, indem wir strikte Anbaupausen einhalten. Damit das gelingen kann, haben wir die Fruchtfolgeglieder vor einigen Jahren konsequent nach Pflanzenfamilien sortiert. Pflanzenfamilien sind Arten, die einen hohen Verwandtschaftsgrad und ähnliche Merkmale aufweisen. Pflanzenfamilien sind zum Beispiel Kreuzblütler, Doldenblütler oder Nachtschattengewächse. So kann sich die Kohlhernie z.B. vor allem an Kreuzblütlern gut vermehren. Dies geschieht auch jedes mal, wenn Kreuzblütler an einer Stelle wachsen, an der im Vorjahr schon Kreuzblütler standen. Die Konzentration der Erreger im Boden lässt aber in den folgenden Jahren nach, wenn dort keine Kreuzblütler mehr wachsen.

Eine Herausforderung bei der Fruchtfolge im bauerngarten waren die unterschiedlichen Beetlängen in den Parzellen. Wir haben in den äußeren Beeten ja sehr lange Reihen und Richtung Kreismitte werden sie kürzer. Damit wir aber jedes Jahr von jeder Kultur ähnlich viel anbauen können, kam uns folgende Idee: In der Mitte der Parzellen, also auf halber Höhe des Kreisradius, haben wir eine Art Spiegelachse eingeführt. Stehst du zwischen den Beeten 1A und 1B – 2019 wachsen hier die Zwiebelgewächse – hast du dieselbe Abfolge an Fruchtfolgegliedern vor Dir, egal ob du in die Kreismitte blickst oder an den Kreisrand. Jedes Fruchtfolgeglied kommt also immer an zwei Stellen vor. Das hat den Vorteil, dass, wenn das Äußere dieser beiden Beete ganz besonders weit am Rand des Kreises liegt (und somit besonders lang ist), es ein Gegenüber gibt, welches nah an der Mitte liegt und somit besonders kurz ist. Dieses Prinzip stellt sicher, dass z.B. der innere und der äußere Kartoffeldamm in Summe jedes Jahr gleich lang sind. Und du somit jedes Jahr in etwa gleich viele Kartoffeln ernten kannst.

Pflanzenfamilien

Im Folgenden werden die Pflanzenfamilien der bauerngarten-Fruchtfolge vorgestellt. In letzter Zeit wurden von der Wissenschaftsgemeinschaft einige Familien zu Unterfamilien erklärt, das soll uns in diesem Zusammenhang aber nicht weiter kümmern. Wenn wir Familien schreiben, meinen wir Familie oder Unterfamilie. Dabei gehen wir folgenden Fragen nach: Welche Pflanzenarten gehören zu den Familien, was macht die Familie aus, welche Erkennungsmerkmale gibt es und welche Bedeutung haben sie in der Fruchtfolge.

Zu der Familie der Doldenblütler gehören im bauerngarten Möhren, Pastinake, Petersilie, Dill, Koriander, Sellerie, Fenchel und Liebstock. Da sie reich an ätherischen Ölen sind, werden sie häufig als Heil- oder Gewürzpflanzen verwendet. Ihre Blätter sind oft mehrfach gefiedert. „Gefiedert“ heißt, sie besitzen zusammengesetzte Blätter, bestehend aus komplett von einander getrennten Blättchen. Probleme im bauerngarten machen ihnen verschiedene pflanzenpathogene Nematoden, zu deutsch Fadenwürmer. Sie schädigen die Wurzeln, was zu Kümmerwuchs vor allem an den Wurzeln führen kann, deswegen sind Anbaupausen für sie sehr wichtig. Ihren Namen haben sie von der typischen Blütenform, bei der sich die verkürzte Hauptachse zu Blütentragenden Nebenachsen verzweigt. Gut sehen kann man das bei der Schafgarbe oder wenn der Fenchel schießt.

Spinat, Mangold und Rote Bete gehören zu der Familie der Gänsefußgewächse. Auch das Pseudogetreide Quinoa ist ein Gänsefußgewächs. Die Gestalt der Blätter ist äußerst variabel, die Blattränder sind ganzrandig oder gezähnt. Auch die Gartenmelde gehört dieser Familie an. Auch bei dieser Familie sind die Nematoden der Grund, warum eine Einhaltung der Fruchtfolge sehr wichtig ist. Da die Melde in manchen Standorten sehr präsent ist, können Nematoden hier die Fruchtfolge überbrücken. Deswegen ist es wichtig, die Melde konsequent zu regulieren.

Die Zwiebelgewächse sind schwer zu verwechseln. Sie sind einkeimblättrig, was sonst im bauerngarten nur noch auf den Mais zutrifft. Oft legen sie Zwiebeln oder andere Speicherorgane an und haben einen zwiebeltypischen Geruch und die Blütenstände sind kugelrund. Zu den Zwiebelgewächsen im bauerngarten gehören der Lauch, die Zwiebel und der Schnittlauch. Auch der Knoblauch und der Bärlauch sind Zwiebelgewächse.

Zu den Hülsenfrüchtlern, auch als Leguminosen bekannt, gehören die Erbse und die Bohne. Häufig sind es windende Pflanzen, die an anderen emporklettern. Aufgrund ihres hohen Eiweißgehaltes (Legumin) sind Früchte und Samen der Hülsenfrüchtler fast weltweit ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Ernährung. Diese Familie ist auch als Gründüngungspflanze sehr beliebt, da sie eine hilfreiche Eigenart besitzt. An ihren Wurzeln leben Knöllchenbakterien, die in der Lage sind, Luftsticktoff zu binden und pflanzenverfügbar zu machen. Das ist deswegen von großer Bedeutung, weil Stickstoff der Hauptnährstoff für Pflanzen ist und einen großen Bestandteil der Luft ausmacht. Viele Hülsenfrüchtler sind roh giftig, eine große Ausnahme ist die Zuckererbse. Sie benötigen lange Anbaupausen zu anderen Leguminosen, man sagt auch sie sind selbstunverträglich.

Zu den Nachtschattengewächsen gehören die Tomate, die Paprika, die Aubergine und die Kartoffel. Auch wenn Nachtschattengewächse auf allen Kontinenten vorkommen, gilt Südamerika als das Genzentrum vieler Kulturpflanzen aus dieser Familie. Obwohl meist die Früchte geerntet werden, wird bei der wichtigsten Nahrungspflanze, der Kartoffel, ein anderer Pflanzenteil, nämlich die unter der Erde wachsende Knolle, verwendet. Typisch für Nachtschattengewächse ist ihre fünfzählige Blüte. Alle im bauerngarten wachsenden Nachtschattengewächse sind frostempfindlich. Viele Nachtschattengewächse sind Gift- oder Rauschpflanzen, da sie Steroide oder Alkalodie enthalten.

Korbblütler sind alle echten Salate, also neben Kopfsalat auch Endivien- oder Radicciosalate. Auch zu den Korbblütlern gehört der Topinambur und die Artischocke. Nicht zu den Korbblütlern hingegen gehören der Asiasalat und der Rucola, die zu den Kreuzblütlern zählen. Manche Arten enthalten einen Milchsaft, wie der Salat, der Löwenzahn oder die Schwarzwurzel. Die Korbblütler zeichnen sich aus durch ihre körbchenförmigen Blütenstände. In Europa gilt diese Familie als eine der artenreichsten Pflanzenfamilien. Zu ihr gehören viele Blumen wie Gänseblümchen, Kornblume, Sonnenblume, Calendula. Auch die meisten Disteln sind Korbblütler. Korbblütler sind eher unproblematisch in der Fruchtfolge, trotzdem sollten die Anbaupausen eingehalten werden.

Kürbisgewächse im bauerngarten sind Gurke, Zucchini und Kürbis. Sie sind fast ausschließlich in tropischen und subtropischen Klimazonen beheimatet, haben eine kräftige Pfahlwurzel und ausgeprägte Seitenwurzeln. Sie wachsen meist niederliegend, kriechend oder kletternd. Ihre Seitenzweige werden sehr lang, bis zu 15 Meter und sie sind oft hohl und im Querschnitt eckig. Alle Kürbisgewächse bilden Ranken. Die Blüten sind oft groß und auffällig und werden von Insekten bestäubt. Die Samen sind immer reich an Ölen. Fruchtfolgekrankheiten treten im bauerngarten bisher nicht auf, allerdings sind alle Arten im bauerngarten anfällig für Mehltau.

Der Mais gehört als einzige Pflanze im bauerngarten zu den Süßgräsern. Zu Ihnen gehören viele alte Nutzpflanzen, z.B. alle Getreidesorten. Die Stängel von Süßgräsern werden als Halme bezeichnet, sie sind meist hohl und rund. Sie sind durch Knoten, sogenannte Nodien gegliedert. Die Samen sind reich an Stärke, sie wird aber auch in anderen Organen wie den Rhizomen gespeichert. Süßgräser sind weltweit sehr verbreitet. Einzelne Pflanzen können sehr alt werden, der Rotschwingel z.B. bis zu 400 Jahre.

Die Kreuzblütler sind fruchtfolgetechnisch sehr heikel. Sie sind beliebt und zahlreich, haben einen guten Ertrag und sehr viele Fruchtfolgekrankheiten. Zu ihnen gehören im bauerngarten alle Kohle wie Grünkohl, Weißkohl und Wirsing. Auch Rotkohl, Spitzkohl, Rosenkohl, Brokkoli, Kohlrabi und Blumenkohl sind Kreuzblütler. Ebenfalls Teil dieser Pflanzenfamilie sind Radieschen, Rettiche, Rucola, Asiasalate, Rübstiel und Mairübchen. Auch die lokalen Sorten wie die Gatower Kugel und das Teltower Rübchen sind Kreuzblütler. Zu den Kreuzblütlerartigen gehört die Kapuzinerkresse. All diese Arten sind ein Wirt für die berüchtigte Kohlhernie, welches im bauerngarten die mit Abstand wichtigste Fruchtfolgekrankheit darstellt. Diese Pilzkrankheit ruft Wurzeldeformationen in Form von Wucherungen hervor, die man Hernien nennt. Diese stören die Funktion der Wurzeln stark, was zu Kümmerwuchs und schlechten Ernten, gar bis Ernteausfällen führt. Dabei sind unterschiedliche Arten unterschiedlich anfällig für den Kümmerwuchs, alle allerdings Überträger der Krankheit. Die Kohlhernie bildet nach drei Monaten Dauersporen im Boden, die sehr lange überdauern können. Deswegen sind Anbaupausen von acht Jahren nötig. Hier wird besonders deutlich, wie wichtig es ist, dass Pflanzen nach ihren Familien sicher zugeordnet werden können und in den richtigen Beeten landen. Das Gemeine ist, dass Fehler in der Fruchtfolge selten die Person treffen, die sie verursacht, sondern dann zu Tage treten, wenn das nächste mal Kreuzblütler dort gepflanzt werden, wo die Jahre zuvor schonmal welche wuchsen. Das Problem der Kohlhernie wird dadurch verschärft, dass es unter den Beikräutern viele Kreuzblütler gibt, wie Acker-Hellerkraut, Acker-Schmalwand, Wilder Rettich, Ackersenf oder das Hirtentäschel. Auch diese sind Wirte der Kohlhernie und können Brücken in der Fruchtfolge bilden.

Die Kreuzblütler enthalten Senfölglykoside, die als Abwehrstoffe gegen Fraßschäden wirken. Sie geben den Gewächsen den typischen scharf-bitteren Geschmack und Geruch. Ihren Namen hat die Familie von den typischen vier Blütenblättern, von denen eines etwas größer ist als die anderen.

Joker, Doppelbeete und andere Verwirrungen

Idealtypisch hat ein Fruchtfolgeglied eine Pflanzenfamilie, die Ausnahme ist im bauerngarten aber die Regel. Dies führt – besonders bei der Pflanzung von Raritäten oder selber mitgebrachten Pflanzen – regelmäßig zu Verwirrungen unter den Bauerngärtner*innen.

Eine Herausforderung bei der Fruchtfolgeplanung war, dass wir nicht von jeder Pflanzenfamilie gleich viel essen wollen. Dies führt dazu, dass manche Familien in mehreren Beeten vorkommen, andere Familien müssen sich ein Beet teilen. Diese „Kompromisse“ sind von uns aber sehr bewusst gewählt worden. So kommen die Nachtschattengewächse und Kürbisgewächse in zwei Fruchtfolgegliedern vor, was aber ok ist, da sie im bauerngarten wenig Fruchtfolgekranheiten haben.

Ein ähnlicher Fall sind Doppelbeete, in denen mehrere Familien Vorkommen. So haben wir ein Fruchtgemüse-Glied, in dem sowohl Nachtschattengewächse (Tomate, Paprika) als auch Gurkengewächse vorkommen. Auch das Kürbis-Mais-Glied ist so ein Fall, oder das Glied in dem Bohnen, Rote Beete, Erbsen, Spinat und Mangold wachsen.

Alle anderen Pflanzen, die nicht diesen neun Familien angehören, gelten als Joker. Sie dürfen überall gepflanzt werden. Ihre Familien kommen entweder selten im bauerngarten vor oder sind fruchtfolgetechnisch unproblematisch und lockern somit unsere Fruchtfolge auf. Das gilt zum Beispiel für alle Lippenblütler wie Basilikum, Salbei oder Thymian. Der Borretsch (Gurkenkraut) z.B. ist ein Raublattgewächs, der Sauerampfer ist ein Knöterichgewächs, Feldsalat ein Baldriangewächs und der Neuseeländer Spinat ist ein Mittagsblumengewächs.