Von Ulrike (Ulla) Bernard, Standortpflegerin im bauerngarten Mette:
Als ich mich im Frühjahr 2019 für den Job als Standortpflegerin im bauerngarten Mette bewarb, stand in der Ausschreibung, dass es gut wäre, handwerkliche Fähigkeiten mitzubringen bzw. die Bereitschaft sich diese anzueignen. Durch meine künstlerische Tätigkeit bringe ich einiges an Erfahrung mit und dennoch hätte ich mir nicht vorstellen können, mitten im August bei einer Knallhitze zusammen mit Jennie an einem Traktor herumzuschrauben und sein Innenleben auseinander zu bauen, um herauszufinden, warum Öl heraustropft.
Der kleine orangefarbene Kubota-Traktor ist sowieso eines der Herzstücke mit dem ich als Standortpflegerin viel zu tun hatte, über den Acker kurvte und um die Kreise herum mulchte. Bereits an meinem ersten Vorstellungstag in Pankow fragte Theresa: „Kannst du Auto fahren? Dann kannst du auch Traktor fahren!“ Nach einer kurzen Einführung in den Schildkröten- und Hasengang ging es los und nach ca. zwei Stunden meditativer Fahrt um alle Kreise wusste ich schon, dass ich gern im Bauerngarten arbeiten möchte und übernahm die Pflege für den Standort in Mette.
Besonders intensiv war dann der Auftakt mit der Pflanzwoche im April. Mit dem Kernteam Max, Jennie und Theresa und einem Dutzend tatkräftiger Helfer*innen standen wir früh morgens auf dem Acker und bestückten Pflanze für Pflanze jeden Kreis, sprich insgesamt 27 Kreise an vier Standorten.
In Pflanzhaltung kniend, krabbelnd oder gebeugt zurufend, lernten wir uns Kreis für Kreis besser kennen und wurden immer eingespielter. An diese Zeit denke ich gerne zurück, da es wirklich ein schönes Gefühl war, abends zu sehen was wir gemeinsam geschafft haben. Komplett romantisieren möchte ich diese Zeit dennoch nicht, denn die Erschöpfung war natürlich groß nach so einen Tag. Es handelte sich aber um eine lebendige Müdigkeit, die einkehrt nach einem Tag voller Bewegung an der frischen Luft.
Ich hatte bereits 2017 selbst eine Parzelle in Mette und kann mich daran erinnern, dass ich am Anfang ständig den Anbauplan zu Hilfe nehmen musste, um mich vor Ort zu orientieren. Dieses Jahr war der Anbauplan durch die Pflanzwoche bereits in meine Hände eingeschrieben.
Nach und nach wurde ich dann vor allem von Max und Jennie in die Abläufe der Standortpflege eingeführt. Dazu gehörten Grundtätigkeiten wie das Mähen mit dem Freischneider oder dem Traktor, die Regenmesser ablesen, die Eco Toilette checken, die Werkzeughütte aufräumen und ab und zu den Computer, der die Bewässerung steuert, umstellen. Während der Saison werden mehrmals Jungpflanzen geliefert, für die wir einen festen Platz am Standort festlegen und eine Bewässerung aufbauen, die gegen die windigen Böen in Mette ankommen soll. Auch verteilte ich regelmäßig neues Saatgut. In der Regel war ich um die fünf Stunden Mittwochs in Mette, meist haben wir im Team zu dritt gearbeitet und uns die Arbeiten untereinander aufgeteilt.
Ich habe mich sehr wohl gefühlt, in einem Team zu arbeiten, wo alle mit anpacken, egal um welche Arbeit es sich handelt und die Arbeitsbereiche sowie auch die Teamkonstellationen rotieren. Die Frauenpower im Team hat mich beeindruckt und angesteckt und der Enthusiasmus aller, experimentelle Lösungen bei kleineren und größeren Problemen zu finden, empfinde ich als selbstermächtigend. Man denke da nur an den großen Schreck, als auf einmal die Pumpe in Mette ausfiel und schnell ein Hydrant ans öffentliche Wassersystem angeschlossen werden musste oder wir die Bolzen für den kleinen Traktor vergessen hatten und kurzerhand mit Schraubenzieher und Gaffatape improvisierten.
Für mich war der Einblick in die Arbeit, die hinter dem Bauerngarten steht, sehr lehrreich: was einen ganz großen Teil hinter den Kulissen ausmacht, ist die Logistik. Wer fährt den Sprinter, wer den Anhänger, wie kommt der Traktor von A nach B, wann treffen wir uns wo und wer ist dabei? Das waren Fragen, die trotz guter Grundstruktur immer wieder von Neuem geklärt werden müssen und einiges an Zeit in Anspruch nehmen. Die viele Logistik soll sich jedoch 2020 entspannen, da das Team im Herbst an jedem Standort neue kleine Hütten für Material und Traktoren gebaut hat. Das wird ein selbstständigeres Arbeiten der Standortpfleger ermöglichen.
Ich fand es während meiner Zeit im bauerngarten ermutigend zu sehen, wie sich der Selbsterntegarten, den Max vor neun Jahre initiiert hat, stetig weiter entwickelt und wie das Bedürfnis nach städtischem Gärtnern immer größer wird.
Beeindruckt haben mich vor allem die menschlichen Verbindungen, die über die Jahre bei Alt-Bauerngärtner*innen entstanden. So sind für mich am Ende nicht nur die gefüllten Erntekörbe beim bauerngarten ausschlaggebend, sondern auch das in Kontakt kommen, der Wissensaustausch, das Verstehen von Zusammenhängen während des Machens und die Verbindung zu einem größeren Ganzen. Man kann im bauerngarten soviel über das selber tun lernen. Oder um es mit den Worten der Künstlerin Marjetica Potrč zu sagen: „Lesend lernst du nicht zu pflügen“.
Zugegeben habe ich es in dieser Saison kaum geschafft, mich um meine eigene Parzelle zu kümmern und die Ernte war nicht die Üppigste. Aber ich durfte aktiv die Infrastruktur für den Bauerngarten mitgestalten, habe vieles Neues durch praktisches Mitmachen gelernt und bin gespannt, wie sich diese lebendigen Erfahrungen in meine kommenden Arbeits- und Lebenssituationen mit hinein tragen.